Stellungnahme zum Konsultationsverfahren Netzentwicklungsplan

13.05.2014 | Tanja Schorer-Dremel | Eichstätt


Stellungnahme zum NEP 2014.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die nachfolgenden Einwendungen richten sich gegen die im NEP dargestellte Gleichstrompassage Süd-Ost von Lauchstädt nach Meitingen.

Zahllose Bürger meines Landtagsstimmkreises haben sich in Veranstaltungen und im persönlichen Gespräch mit mir gegen die geplante Stromtrasse ausgesprochen. Ihre Sorge, dass die Trasse die Gesundheit der Bürger gefährde und das Landschaftsbild beeinträchtige, teile ich. Außerdem widerspricht der Bau der Trasse einer Energiewende, die auf dezentrale und erneuerbare Energiequellen setzt.

Die Bayerische Staatsregierung bekennt sich uneingeschränkt zur Energiewende. Der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland ist irreversibel. In Bayern haben die erneuerbaren Energien bereits heute einen Anteil von 32% an der Stromerzeugung. Damit ist das Ziel der Bundesregierung (35% bis 2020) bereits heute fast erreicht. Dieses Ziel darf durch den Bau unnötiger „Stromautobahnen“ nicht gefährdet werden.

Bei Windkraft wird das von der Bundesregierung unterstützte „Referenzertragsmodell“ weiterentwickelt: Damit auch in Süddeutschland der Bau von Windrädern noch möglich ist, ist geplant, dass auch an Standorten mit einem Referenzertrag von nur 60 bis 80 % rentable Windkraftinvestitionen möglich sind. Bereits 2012 stellte eine Studie des Umweltbundesamts fest, dass das Potential von Onshore-Windkraft gewaltig unterschätzt wird. Nach dieser Studie kommen 13,8% der gesamtdeutschen Landesfläche als potentielle Standorte für Windkrafträder in Frage. Diese dezentrale Stromerzeugung macht lange Stromtrassen überflüssig.

Gleiches gilt aufgrund des geplanten Ausbaus der Stromerzeugung aus Biomasse: Gemäß dem Bayerischen Energiekonzept „Energie Innovativ“ von 2011 soll Biomasse bis zum Jahr 2021 knapp 10% der Stromerzeugung in Bayern decken. Die Biomasse soll primär aus Abfall- bzw. Reststoffen bestehen. Die aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) vom April 2014 zum Thema „Effekte des Ausgleichs von Stromdefiziten durch Biogasanlagen“ bestätigt, dass Biogasanlagen einen relevanten Beitrag zur Deckung von Residuallastschwankungen leisten können.

Redispatch-Vereinbarungen für Gaskraftwerke, wie z.B. in Irsching, werden von der bayerischen Staatsregierung ausdrücklich begrüßt und dienen der Erhöhung der Grundlastfähigkeit von Gaskraftwerken, denen künftig eine erhöhte Bedeutung bei der Stromerzeugung zukommen wird – mit der Folge, dass es großer „Stromautobahnen“ wie der Gleichstrompassage nicht bedarf.

Die im NEP genannten alpinen (österreichischen?) Speicher, die noch nicht einmal gebaut sind, zu denen aber die Gleichstrompassage Strom liefern soll, sind keine Lösung für den Abbau von Stromspitzen. Zudem können Kraftwerkskapazitäten im Ausland die Versorgungssicherheit bei Spitzenlast und geringer Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie nicht verlässlich gewährleisten, da die Höchstlasten in Deutschland und seinen Nachbarstaaten oftmals gleichzeitig auftreten und damit auch im Ausland keine freien Kapazitäten zur Verfügung stehen.

Die im NEP festgelegten Parameter zur Trassenführung legen den Verdacht nahe, dass die Durchleitung von Braunkohlestrom aus Ostdeutschland das eigentliche Motiv des Trassenbaus ist.

Das Energiesystem von morgen sieht Wärme- und Stromversorgung nicht mehr getrennt voneinander, sondern denkt beides zusammen. So können der Energieverbrauch, Anlagen der Erneuerbaren Energien und Energiespeicher durch intelligente Technik koordiniert werden. In Dollnstein, einer Gemeinde meines Stimmkreises, wird dies bereits erfolgreich praktiziert. Diese Kombination und insbesondere die dezentrale Produktion von Strom bei der Wärmeerzeugung werden im NEP zu Unrecht nicht berücksichtigt. Daher geht der NEP von überdimensionierten Stromtrassen aus.

Demgemäß wurde auch in Studien nachgewiesen, dass der geplante Netzausbau weit überdimensioniert ist. Verwiesen werden darf etwa auf die Studie von Prof. Dr. L. Jarass (Hochschule RheinMain) und Prof. G. M. Obermair (Uni Regensburg) vom 8.4.2013: „Geplanter Netzausbau weit überdimensioniert“. Die Studie wurde am 15.4.2013 im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestags in einer Öffentlichen Anhörung zum „Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze“ vorgetragen und nennt vier Mängel des aktuellen Bundesbedarfsplans:
-  Abschneiden von regenerativen Erzeugungsspitzen nicht eingeplant.
-  Berechnung des Netzausbaus ohne Berücksichtigung seiner Kosten.
-  Netzausbau wegen unnötiger Einspeisung von Kohlestrom parallel zur Starkwindeinspeisung.
-  Unzureichende Umsetzung von technischen Alternativen.

Der Ausspeisepunkt Meitingen ist nach dem NEP der benachbarte Netzknoten von Gundelfingen – dem Einspeisepunkt des AKW Gundremmingen. Dort sind somit zahlreiche Stromleitungen schon vorhanden und können auch künftig genutzt werden – so dass der Neubau von Stromtrassen überflüssig ist.

Angesichts all dessen ist der Bau der Gleichstrompassage unnötig und gefährdet die Energiewende.

Mit freundlichen Grüßen

Tanja Schorer-Dremel, MdL