Umgang mit der Wolfspopulation in Bayern - Drucksachennummer: 17/15063

24.01.2017

 
Antrag der Abgeordneten
Kreuzer Thomas, Brendel-Fischer Gudrun, Dr. Hünnerkopf Otto, Schorer Angelika, Beißwenger Eric, Bauer Volker, Brannekämper Robert, Flierl Alexander, Holetschek Klaus, Dr. Huber Martin, Kaniber Michaela, Kirchner Sandro, Kreitmair Anton, Ländner Manfred, Frhr. von Lerchenfeld Ludwig, Nussel Walter, Ritt Hans, Schöffel Martin, Schorer-Dremel Tanja, Schwab Thorsten, Dr. Schwartz Harald, Steiner Klaus, Ströbel Jürgen, Taubeneder Walter, Vogel Steffen, Wittmann Mechthilde



Dr. Hünnerkopf Otto

und Fraktion CSU

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich gegenüber dem Bund und der EU dafür einzusetzen, dass der Schutzstatus des Wolfs in der EU-FFH-Richtlinie herabgesetzt wird (Übertragung von Anhang IV in Anhang V) und darauf hinzuwirken, dass die Möglichkeit geschaffen wird, die Populationen durch den Menschen zu regulieren.

Weiter wird die Staatsregierung aufgefordert,

o sich gegenüber dem Bund und der EU dafür einzusetzen, dass bei der Feststellung des Erhaltungszustands des Wolfs gemäß Vorgaben aus der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie (FFH-Richtlinie) als Bezugsgröße die Gesamtpopulation und nicht die Landesgrenzen bzw. die einzelnen biogeographischen Regionen heranzuziehen sind,
o klarzustellen, dass die Entnahme von Schadwölfen auch schon nach derzeitigem Regelungsregime und ohne Erreichen eines günstigen Erhaltungszustands möglich ist,
o schnellstmöglich Fördermöglichkeiten für Präventionsmaßnahmen zu prüfen und
o zeitnah den Managementplan ,,Wölfe in Bayern - Stufe 3" für Populationen mit Reproduktion zu erarbeiten.

Bei Konzeption und Inkrafttreten der europäischen FFH-Richtlinie gab es in vielen Ländern des Alpenraumes keine Großraubtiere wie den Wolf. Aufgrund strenger Artenschutzgesetze, insbesondere der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und aktiver Wiederansiedlungsprojekte sind z. B. im Alpenraum wieder größere Bestände dieser Großraubtiere zu finden.

In weiten Teilen des Alpenraumes gibt es eine Überschneidung der Wiederansiedlungsräume für Großraubtiere wie den Wolf mit den traditionellen Alm- und Weidewirtschaftsgebieten für Nutztiere insbesondere für Rinder und Schafe. Kleinräumige und topographische Voraussetzungen lassen kein konfliktfreies Miteinander von Wölfen mit einer traditionellen Alm- und Weidewirtschaft zu.

Auch in Zukunft muss eine traditionelle, über Jahrhunderte gewachsene Alm- und Weidewirtschaft mit herkömmlichen Methoden möglich sein. Diese durch die landwirtschaftliche Nutzung entstandene Kulturlandschaft ist Erholungsraum für die Bevölkerung, Grundlage für den alpinen Sommer- und Wintertourismus und bietet Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen und Muren. Sie ist Grundlage für eine hohe tierische und pflanzliche Artenvielfalt (Biodiversität) und leistet einen sehr hohen Beitrag für den Artenschutz auch im Rahmen von Natura 2000.

Für die Feststellung des Erhaltungszustands wäre es sinnvoll, entgegen der jetzigen Praxis auf die Gesamtpopulation des Wolfs abzustellen und damit eine neue Bezugsgröße für den Populationsbegriff zu finden. Die räumliche Bezugsgröße für die Feststellung eines günstigen Erhaltungszustands im FFH-Bericht der EU-Staaten folgt nach derzeitiger Praxis sowohl den Landesgrenzen als auch den einzelnen biogeographischen Regionen (atlantische, kontinentale, alpine Region). Dies hat zur Folge, dass bei der Feststellung der Erhaltungssituation nur Tiere in Deutschland, nicht aber Tiere derselben Population beispielsweise in Polen zu berücksichtigen sind. Eine grenzüberschreitende bzw. eine die Gesamtpopulation berücksichtigende Betrachtung wäre hingegen sinnvoll, da sie auf das tatsächliche Vorkommen in einem kontinuierlichen Verbreitungsgebiet abstellt und wird im Übrigen von der Large Carnivore Initiative der IUCN (International Union for Conservation of Nature) für Arten mit großem Raumbedarf und Ausbreitungspotential wie dem Wolf empfohlen. Auch die Europäische Kommission hatte vor einigen Jahren hierzu eine Initiative ergriffen, die jedoch in den maßgeblichen Gremien bislang nicht weiter beraten wurde. Ein Abstellen auf die Gesamtpopulation hätte zur Folge, dass ein günstiger Erhaltungszustand für den Wolf schneller erreicht wäre.

Ausnahmen vom strengen Schutz sind auch nach dem gegenwärtig geltenden Regelungsregime der FFH-Richtlinie beispielsweise dann möglich, wenn Wölfe wiederholt - trotz angewandter Präventionsmaßnahmen - Nutztiere reißen und großen Schaden anrichten. Trotz Listung des Wolfs als streng zu schützende Tierart in Anhang IV der FFH-Richtlinie und ohne Erreichen des günstigen Erhaltungszustands kann von dem Ausnahmeregime der FFH-Richtlinie Gebrauch gemacht werden. So wird in Schweden und Frankreich verfahren.

Die tierfreundliche extensive Alm- und Weidetierhaltung ist durch den Wolf besonders betroffen und braucht Unterstützung. Damit eine tierwohlgerechte extensive Weidehaltung von Nutztieren auch in Wolfsgebieten weiterhin möglich bleibt, ist es dringend geboten, Tierhalter im Bereich der Prävention stärker zu unterstützen. Eine umfassende Fördermöglichkeit für Präventionsmaßnahmen existiert in Bayern - anders als in den meisten anderen Bundesländern - derzeit nicht. Dabei ist unstreitig, dass für ein möglichst konfliktloses Miteinander von Wolf und Weidtierhaltung effektive Herdenschutzmaßnahmen, möglichst vor Eintreffen der ersten Wölfe, ausschlaggebend sind. In Bayern soll daher die Schaffung einer umfassenden Fördermöglichkeit für Präventionsmaßnahmen geprüft werden.

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